„Die Lufttemperaturen werden weiter steigen“

In den 1970er Jahren gab es schon mildere Winter als die letzten beiden. Trotzdem wird das Klima im Fichtelgebirge insgesamt wärmer. Dr. Wolfgang Babel, Mikrometeorologe an der Universität Bayreuth erklärt, warum der Skitourismus in 20 Jahren wahrscheinlich nicht mehr rentabel sein wird.

Das Interview führte Adriane Lochner.

 

Sind die milden Winter der letzten Jahre eine Zufallserscheinung, oder tatsächlich ein Indiz für die Klimaerwärmung?
Sowohl als auch. Ein Blick in unsere Daten aus der Bayreuther Klimazeitreihe zeigt, dass die mittleren Temperaturen für Dezember 2013 mit 2,2 Grad Celsius und Dezember 2014 mit 2,6 Grad Celsius deutlich über der mittleren Dezembertemperatur von 0 Grad Celsius im Zeitraum 1971-2000 liegen. Die Variabilität ist allerdings hoch, zum Beispiel im Dezember 1979 wurden 2,9 Grad Celsius erreicht, 1974 sogar 3,5 Grad Celsius.

Trotz dieser starken Schwankungen, hat sich das Klima insgesamt verändert?
Klima bezieht sich auf die mittleren Zustände innerhalb einer langen Periode. Deshalb kann man nicht von einzelnen Jahren auf das Klima schließen. Wohl aber steigen die Dezembertemperaturen in der Bayreuther Klimazeitreihe an, und zwar um 0,7 Grad Celsius von 1961-1990 auf 1981-2010. Insgesamt ist das beobachtete Wetter gut mit der globalen Klimaerwärmung, der mittleren Erhöhung von Luft- und Ozeantemperaturen vereinbar.

Warum war der Winter 2014 bisher so mild?
Verantwortlich für den warmen Dezember letztes Jahr war eine weitgehend stabile Verteilung der Hoch- und Tiefdruckgebiete über der Nordhemisphäre. Dabei wurde uns immer warme Luft vom Nordatlantik zugeführt anstatt kühler Luft aus arktischen Gebieten. Das muss aber nicht so bleiben. Es können immer noch Wetterlagen auftreten, die uns kalte Luft bescheren.

Wie wird sich der Trend in den nächsten 20 Jahren entwickeln?
Nach heutigen Kenntnissen lassen sich keine konkreten Witterungsbedingungen für eine bestimmte Region vorhersagen, aber die Tendenz über einen langen Zeitraum hinweg lässt sich gut abschätzen: Die Lufttemperaturen werden weiter steigen. Aufgrund der Treibhausgase nimmt die Energiezufuhr durch die Sonne zu, was unter anderem zu stärkeren Winden und höherer Luftfeuchtigkeit führt. Deshalb sind die Niederschläge nicht mehr gleichmäßig verteilt und es kommt häufiger zu Extremereignissen. Das Plus an Energie im System führt zum Beispiel dazu, dass wir die typischen Sommergewitter nun auch im Winter beobachten. Sie sind generell schlechter vorhersagbar und regional sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Welche Auswirkungen wird der Klimawandel auf den Tourismus haben?
Unsere Forschungen der bisherigen Klimaerwärmung im Fichtelgebirge zeigen einen ganzjährigen Temperaturanstieg. Bei einer Fortsetzung dieses Trends wird der Skitourismus in den deutschen Mittelgebirgen in 20 Jahren nicht mehr rentabel sein oder ganz zum Erliegen kommen. Im Sommer wird das gesundheitlich wertvolle Höhenreizklima abgeschwächt. In tieferen Lagen treten häufiger Hitzewellen auf, mit weniger Niederschlägen und längeren Dürreperioden.

Welchen Einfluss hat die Klimaveränderung auf den regionalen Wasserhaushalt?
Das Wasserdefizit in Oberfranken könnte sich verschärfen. Längere Trockenphasen im Wechsel mit starken Niederschlägen führen insgesamt zu einem höheren Oberflächenabfluss. Es wird einen deutlichen Verlust an Regen in den Frühlings- und Sommermonaten geben, verbunden mit erheblich höherer Verdunstung. Gerade im Fichtelgebirge sind die Wasserspeicher klein, deshalb wird die Gewinnung von Trink- und Frischwasser schwieriger. (Mehr Informationen in der Universitätszeitschrift Spektrum Ausgabe 01/12)

Sind noch andere Mittelgebirge betroffen?
Die beschriebenen klimatischen Effekte kann man ebenso für die anderen Mittelgebirge annehmen. Für detaillierte Informationen zu anderen Regionen in Deutschland gibt es auch entsprechende Berichte des Deutschen Wetterdienstes. Dort kann man sogenannte Klimaprojektionen einsehen, also Modellrechnungen, wie sich das Klima wahrscheinlich in Zukunft entwickeln wird.

Am Schneeberg soll eine Forschungsstation entstehen, um Klima- und Umweltdaten zu erheben. Wann werden Sie mit den Messungen beginnen?
Die Pläne für die Forschungsstation am Schneeberg befinden sich noch in der politischen Eruierung. Wir gehen aber davon aus, dass im Frühjahr 2016 mit den Messungen begonnen werden kann.

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