Die Temperatur liegt bei zehn Grad. Plus. Die Ornithologen zählen in diesem Winter wesentlich mehr Stare als normal, die Störche haben sich erst gar nicht auf ihre Reise in den Süden aufgemacht. Und auch den Menschen macht das ständige Hin und Her bei den Temperaturen zu schaffen. Selbst Zweifler können den Klimawandel nicht mehr wegreden. Und auch für den Tourismus in den Mittelgebirgen sind Regen und Wind in der Hochsaison Gift. Im Fichtelgebirge ist das an den geringeren Gästezahlen deutlich zu spüren. Die Verantwortlichen müssen also reagieren und sich Alternativen für die Schlechtwetterperioden einfallen lassen.

Für Wintersportler ist im Fichtelgebirge so einiges geboten. Für Langläufer und Schneewanderer steht ein weitverzweigtes Netz an Loipen und Wanderwegen zur Verfügung. Alpine Skifahrer können sich auf rund zehn Pistenkilometern austoben. Zwei Seilbahnen und zwölf Schlepplifte befördern die Gäste nach oben. Am Ochsenkopf können sich Skifahrer über die beiden längsten Abfahrtsstrecken in Nordbayern freuen mit der 2.300 Meter langen Nordpiste und der 1.900 Meter langen Südpiste. Etwas steiler als die Pisten am Ochsenkopf ist der Klausenhang in Mehlmeisel. Dort gibt es ebenfalls eine moderne Beschneiungsanlage. Die kann aber nur dann Schnee produzieren, wenn die Temperaturen tief genug sind. Pistenbetreiberin Manuela Lehnert zufolge hatte der Klausenlift 2013/14  aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse nur 33 Fahrtage, am 23. Februar musste der Betrieb ganz eingestellt werden. Für diese Saison sieht es etwas besser aus. Das Opening am 31. Dezember war gut besucht und auch in der ersten Woche war Lehnert mit den Besucherzahlen zufrieden. Lehnert hofft, den Betrieb in den kommenden Wochen nicht über längere Zeit einstellen zu müssen.

Wintersport am Ochsenkopf

Zusätzlich zu Langlauf und Pistenski feiert das Tourengehen derzeit ein großes Comeback. Immer mehr Wintersportler ziehen es vor sportlich mit Fellen an den Skiern die Hänge hoch zu laufen, als bequem mit dem Lift zu fahren. Andreas Munder, Geschäftsführer der Erlebnisregion Ochsenkopf weiß, dass dieser Trend auch im Fichtelgebirge immer beliebter wird. Tourengänger treffen sich allwöchentlich am Asenturm, um sich auszutauschen und dann gemeinsam die Abfahrt zu genießen.Unsere Redakteurin hat den Stammtisch besucht und ihre Erfahrungen zum Tourengehen am Ochsenkopf in Text und Bild dokumentiert.

Audiointerview zum Wintersport im Fichtelgebirge:

 

In den 1970er Jahren gab es schon mildere Winter als die letzten beiden. Trotzdem wird das Klima im Fichtelgebirge insgesamt wärmer. Dr. Wolfgang Babel, Mikrometeorologe an der Universität Bayreuth erklärt in einem Interview zum Klimawandel im Fichtelgebirge, dass man auch in der Region die Folgen der globalen Erwärmung spüren wird. Die Dezembertemperaturen stiegen in der Zeitspanne 1961-1990 verglichen mit 1981-2010 um 0,7 Grad Celsius an. Die Lufttemperaturen werden in Zukunft weiter steigen, sodass der Skitourismus in 20 Jahren wahrscheinlich nicht mehr rentabel sein. Was sich Pistenbetreiber, Tourismusverband und Gastronomie für die Zukunft ausmalen, zeigt das folgende Video:

Einer der Hauptverantwortlichen für den Tourismus in der Region ist Ferdinand Reb, Geschäftsführer der Tourismuszentrale Fichtelgebirge e. V. Er sieht jedoch in der aktuellen Lage nicht nur Negatives. Die Protagonisten im Fichtelgebirge müssten nun eben kreativ sein und den Mut fassen, Neues auszuprobieren und zu investieren. Dann wäre der Klimawandel auch eine Chance, um sich vom Wetter unabhängig aufzustellen und neue Konzepte für den Ganzjahrestourismus zu entwickeln.

Konzepte für die Zukunft

In einem Interview spricht Ferdinand Reb über die aktuelle Problematik, aber auch über Lösungsansätze und Konzepte für die Zukunft. Doch neue Ideen für den Tourismus werden sich ohne den Schulterschluss zur Politik nicht finanzieren lassen. Aber erste Schritte in die richtige Richtung sind getan. Und werden von der Politik auch als positiv registriert. Der Landtagsabgeordnete Martin Schöffel stammt aus dem Fichtelgebirge. Auch Schöffel sieht die Fortschritte, die man in der Region macht und kann neue Ideen nach München tragen. Denn nur mit schlüssigen Konzepten ist Hilfe von der Landesregierung zu erwarten.

Eine innovativen Idee, die mehr Touristen ins Fichtelgebirge locken sollen, ist bereits im April 2014 realisiert worden. Der Wildpark Mehlmeisel gilt nach nicht einmal einem Dreivierteljahr schon als Erfolgsmodell für den Tourismus in der Region.

Ein Hochweg führt die Besucher direkt über Luchs- und Wildschwein. Der Hochsteg führt in drei Metern Höhe über die Gehege und eröffnet neue und interessante Perspektiven. An mehreren Aussichtsplattformen kann man den Wildschweinen bei der Fütterung und dem Luchs beim Klettern zuschauen. Und im Waldhaus erfährt man etwas über Flora und Fauna im Fichtelgebirge. An extra hierfür konstruierten Apparaten können die Gäste selbst Gerüche erschnuppern und die Stimmen der heimischen Vögel erraten.

Aber der Tourist im Fichtelgebirge kann auch individuell Alternativen zum Wintersport wahrnehmen. Die Mittelgebirgslandschaft bietet zahlreiche gut ausgeschilderte Wanderwege, die auch im Winter begehbar sind. Und wer dazu noch etwas Gutes tun will, kann sich auf seine Wanderung auch einen Hund zum Gassi gehen holen. Im Tierheim Breitenbrunn nahe Wunsiedel freut man sich sicherlich über entsprechende Anfragen.

Wandern und Radfahren im Sommer

Tourismus findet auch im Sommer statt. Eine zukunftsweisende Idee, den Radtourismus im Fichtelgebirge voranzutreiben, hatte der Wunsiedler Architekt Raimund Böhringer. Im Rahmen eines Interregio Projektes entstand mit der Unterstützung der Europäischen Union das Projekt “4 Flüsse – 4 Himmelsrichtungen”. Dabei sollen die Radwege der großen, deutschen Flüsse in einem Knotenpunkt in Bischofsgrün miteinander verknüpft werden, um mit dem Rad quer durch Deutschland zu kommen.

Das geografische Alleinstellungsmerkmal des Fichtelgebirges mit den hier entspringenden vier Flüssen (Main – Saale – Eger – Naab) in vier Himmelsrichtungen liefert eine hervorragende Ausgangslage für den Radtourismus. In einem EU-geförderten INTERREG Projekt entwickelten die Projektteilnehmer Landkreise Bayreuth und Wunsiedel i. Fichtelgebirge, der Karlsbader Kreis und die Gemeinde Bischofsgrün mit der Stadt Eger eine gemeinsame Strategie. Es geht dabei um die Organisation eines überregionalen Lückenschlusses im Fernradnetz. Damit werden neue Besucherströme erschlossen.­

Audiointerview 4 Flüsse – 4 Himmelsrichtungen:

 

Ob 2015 mehr Schnee fällt als im Vorjahr wird sich zeigen. Allerdings sollte man vielleicht schon jetzt über Alternativangebote nachdenken. Es sind mit dem Wildpark Mehlmeisel und dem geplanten Neubau der Therme in Fichtelberg zwei weitere Bausteine für einen erfolgreichen wetterunabhängigen Tourismus im Fichtelgebirge installiert. Woran es fehlt, ist eine gemeinsame Strategie, ein gemeinsamer Auftritt. Die bestehenden Synergien müssen besser genutzt werden. Denn jeder Ort für sich allein wird es nicht schaffen, ein Angebot auf die Beine zu stellen, das Touristen aus ganz Deutschland in ide Region locken kann. Die Voraussetzungen mit einer wunderschönen Naturkulisse sind gegeben. Nun muss jedoch nach außen getragen werden, welche Angebote im Fichtelgebirge bestehen und ein Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten. Dafür braucht es gute PR und ein Ende des Neid-Gedankens unter den einzelnen Gemeinden. Kreativität und Mut zu neuen Investitionen werden der Schlüssel zum Erfolg sein. Angepackt werden muss jetzt. Und nicht erst in ein paar Jahren, wenn andere Regionen das Fichtelgebirge abgehängt und Gäste für immer weggelockt haben.